[atp Edition] Scharfe Schnitte schonen Nahrungsmittel

Feinstzerkleinerung: Präzision und Effizienz entscheiden über den Markterfolg

Leise, effektiv, leicht zu bedienen, hoher Sicherheitsstandard, exzellente Produktionsqualität, energieeffiziente Verarbeitung: Die Liste an Vorteilen der neuen Hochleistungs-Feinstzerkleinerer (FZK) aus dem Haus H&S ist lang. Vor allem in der Lebensmittelindustrie kommen die Maschinen aus dem niedersächsischen Wagenfeld zum Einsatz und zerkleinern dort Fleisch, Obst, Gemüse oder Backerzeugnisse. Treibende Kraft hierbei sind Antriebslösungen von Lenze – das Ergebnis einer engen Projektpartnerschaft.

„Zum Würstchen braucht man hier kein Messer. Es schmeckt doch aus der Hand viel besser.“ Dieser Spruch soll Ende des 13. Jahrhunderts in der Gastronomie Frankfurts kursiert sein. Mit dem, was heute als „Wiener Würstchen“ mit den Fingern in den Senf gestippt wird, dürfte die damalige Wirtshausspezialität am Main allerdings nicht viel gemein gehabt haben. Der Fleischwolf zur Herstellung des feinen Bräts aus Schweine- und Rindfleisch wurde nämlich erst Mitte des 19. Jahrhundert erfunden. Und was damals für den quirligen Tüftler Karl Drais – nach dem die Draisine benannt wurde – galt, besitzt noch heute Gültigkeit: „Das Schneidsystem ist das Wichtigste bei der schonenden Verarbeitung von Nahrungsmitteln“, betont Heinz Büssenschütt, bei H&S Schneidsysteme in Wagenfeld für Vertrieb und Technik zuständig.

Das Grundprinzip der Hochleistungs-Feinstzerkleinerer basiert auf dem in der Branche etablierten Rotor-Stator-Verfahren. Der Schneidkopf ist mit einem speziell für die Lebensmittelindustrie konzipierten Asynchronmotor kraftschlüssig verbunden und dreht sich als Rotor mit definiertem Abstand im Schneidring – dem Stator.

SCHNEIDSYSTEM WIRD ENTSPRECHEND DEN ROHSTOFFEN BELIEBIG ERWEITERT

„Wir haben unser System so aufgebaut, dass wir entsprechend den zu verarbeitenden Rohstoffen und den geforderten Feinheiten unser Schneidsystem noch mit Lochscheiben, Lochringen oder auch Doppeldüsen zur Mikroverkleinerung kombinieren können“, erklärt H&S Geschäftsführer Jörg Hempe. „In diesem Bereich sind wir führend. Das Schneidsystem ist patentiert und für die neue Maschinengeneration sind Schutzrechte angemeldet“, ergänzt Horst Hempe, Geschäftsführer und Gründer der gleichnamigen Muttergesellschaft Hempe Zerspanungstechnik. Fleischbrät, Leberpasteten, Brühwurst, Marinaden oder Fruchtzubereitungen: Die Einsatzmöglichkeiten der FZK-Familie sind weit gefächert. Dabei erreichen die skalierten Maschinen Verabreitungsleistungen von bis zu 20 t pro Stunde. Grundlage für die kraftvolle Zerkleinerung sind neben den innovativen Schneidwerken eine

DER MECHANISCHE AUFBAU
des Schneidwerkzeugs von H&S Schneidsysteme.

JE NACH ROHSTOFF können die neuen Maschinen bis zu 20 t Rohstoff pro Stunde verarbeiten.

FREQUENZ- UND SERVO-UMRICHTER aus einem Guss: H&S Schneidsysteme setzen auf standardisierte Antriebstechnik von Lenze.

hohe Durchzugskraft und Überlastfähigkeit der Antriebstechnik. In den kleineren Maschinen nutzt H&S die neuen Frequenzumrichter der Reihe Inverter Drives 8400. Sie sind Mitglieder der Antriebs- und Automatisierungsplattform L-force, zu der auch die Servo Drives 9400 gehören. Diese kommen in den Zerkleinerern mit hoher Produktionsleistung zum Einsatz.

LAUFZEIT UND PRODUKTIONSDATEN ALS BASIS FÜR VORBEUGENDE WARTUNG

Die Inverter Drives 8400 in der Ausbaustufe HighLine übernehmen unter anderem die Drehzahlstellung des Asynchronmotors ohne Rückführung. Das Kühlkonzept Durchstoßtechnik leitet hierbei die Verlustwärme direkt an die Umgebung ab, weswegen sich der Schaltschrank Platz sparend in die Maschine integrieren ließ. Bei den größeren Anlagen war eines der Ziele, wesentliche Produktionsdaten für die Fertigungsüberwachung im Zusammenspiel mit einem Betriebsstundenzähler zur vorbeugenden Wartung zu nutzen. Die wichtigsten Kenngrößen neben der Zeitkomponente sind dafür die Ein- und Ausgangstemperaturen der zerkleinerten Rohware sowie die herrschenden Drehmomente.

ROTOR-STATOR-PRINZIP SORGT FÜR HOHE ENERGIEEFFIZIENZ

„Steigt das Moment an, sind die Messer in der Regel stumpf“, erläutert Heinz Büssenschütt. Der Grund: Statt beispielsweise die Fleischfasern sauber zu durchschneiden, wird der Rohstoff mehr und mehr durch den Schnittspalt gequetscht. Ein weiterer Effekt: Die Ausgangstemperatur des Grundstoffes steigt aufgrund höherer Reibung an. Die Folge sind Qualitätseinbußen auf ganzer Linie: beim Produkt selbst aufgrund schlechter Textur und beim Prozess wegen sinkender Produktionsleistung bei gleichzeitig steigendem Stromverbrauch infolge zunehmender Verluste.

„Im Vergleich zu den in Fleischwölfen bestens bekannten Lochscheiben arbeitet das Rotor-Stator-Prinzip wesentlich energieeffizienter“, erklärt Horst Hempe und spricht von einem kontinuierlich steigenden Bewusstsein der Kunden für den Kostenblock Betriebsaufwendungen – besonders jenen für Energie und Wartung. ,,Lochscheiben wirken hier wie Bremsscheiben“ erläutert Horst Hempe.

MASSGESCHNEIDERTE ANTRIEBSLÖSUNGEN

Aus dem automatisierungstechnischen Blickwinkel betrachtet, punktet die in enger Projektzusammenarbeit mit Lenze entstandene Antriebslösung, weil sie Steuerungsaufgaben antriebsbasiert übernehmen kann. „Wir integrieren Funktionen bis hin zur Sicherheitstechnik weitestgehend im Regler und sparen uns damit die SPS“, führt Jörg Hempe aus. Die Engineeringphase stand einerseits unter der Prämisse des rein Machbaren, anderseits wurde gemeinsam nach Wegen gesucht, maßgeschneiderte Antriebslösungen in Form fertiger Baugruppen zu erhalten.

Die generelle Entscheidung zur Zusammenarbeit, resultiert laut Büssenschütt maßgeblich aus der Kompetenz des Unternehmens in der Elektromechanik und Elektronik

und gründe sich darüber hinaus auf den weltweiten Service des Hamelner Unternehmens und die kurzen Reaktionszeiten. „Wir wollen unsere Systeme weltweit vermarkten. Deshalb brauchen wir auch von unseren Partnern globale Präsenz“, unterstreicht Jörg Hempe.

ALLE PARAMETER IN STECKBAREN MEMORY-MODULEN GESPEICHERT

Unterstützt wird dieses Ziel auch technologisch – und zwar mithilfe der steckbaren Memory-Module der Inverter Drives 8400 und der Servo Drives 9400. Die zentrale Speichereinheit für alle Parameter der Umrichter ermöglicht es, die Geräte bereits vor der Inbetriebnahme zu parametrieren. Vor Ort wird dann nur noch das Modul in den Umrichter gesteckt – und die Antriebsachse ist sofort betriebsbereit. Weil das aufwändige Parametrieren der Antriebsregler bei der Inbetriebnahme entfällt und die Daten sich beliebig oft auf Module kopieren lassen, ergeben sich vor allem im Serienmaschinengeschäft Einsparungspotenziale.

Ein weiterer Vorteil liegt im Service: Statt bei einem Gerätetausch erst eine aufwändige Neuprogrammierung zu starten, wird einfach das Memory-Modul eingesteckt – fertig. Diese Arbeit kann das Wartungspersonal in einem Fertigungsbetrieb in Übersee selbst übernehmen – ohne dabei wichtige Einstellungen vergessen zu können. In Summe erhöhen sich so Verfügbarkeit und Produktivität. Faktoren, die angesichts ausgeprägten Wettbewerbs auf internationalem Parkett mit hohem Preisdruck und sinkenden Margen für die Betreiber von Maschinen im Mittelpunkt stehen.

Die Servicefreundlichkeit erstreckt sich auch auf die Mechanik – vor allem beim Wechsel stumpfer Messer. Der Rotor lässt sich über die Lenze-Spannbuchsen des Typs ETP schnell wieder montieren. Die Spannbuchsen nutzen das Pascal’sche Prinzip, das die Montage sehr erleichtert. Bei diesem Verfahren wird ein hydraulisches Druckmedium in einer doppelwandigen Hülse mit einem Schraubkolben unter Druck gesetzt, worauf die Hülse expandiert und eine gleichmäßige Flächenpressung gegen Welle und Nabe aufbaut. Folglich wird die Messereinheit so auch gleich automatisch zentriert.

Das Beispiel H&S Schneidsysteme zeigt, warum heute im Maschinen- und Anlagenbau Komplettsysteme aus Elektromechanik und Elektronik so wichtig sind. Betriebswirtschaftlich präzise und energetisch effizient arbeitend, erhöhen diese Antriebslösungen die Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Markt.

DIPL.-ING. WOLFGANG KRAUSS,
Vertrieb Nord, Lenze in Hameln

LENZE SE,
Postfach 10 13 52
31763 Hameln,
Tel. +49 51 54 82-0
E-Mail: Lenze@Lenze.com
Internet: www.Lenze.com

Quelle: atp Edition 11/2010